Hinweispflicht des Steuerberaters

Hinweispflicht des Steuerberaters: Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat mit Berufungsurteil vom 11.10.2024 (17 U 4/24) nicht nur eine erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Lübeck vom 11.01.2024 (15 O 72/23) bestätigt, sondern noch darüberhinausgehend die beklagte Steuerberatungsgesellschaft zu erheblichem Schadensersatz in Höhe von insgesamt mehr als 233.000,00 EUR aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung verurteilt. Damit wurde der Klage unserer Mandanten zweitinstanzlich vollständig stattgegeben.

Die beklagte Steuerberatungsgesellschaft hatte im Jahr 2008 im Rahmen der Prüfung eines Steuerbescheids unserer Mandanten für das Veranlagungsjahr 2006 festgestellt, dass das zuständige Finanzamt den speziellen ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 3 S. 1 EStG in Ansatz gebracht hatte, ohne dass die Kläger überhaupt einen entsprechenden Antrag gestellt hatten. Dieser Steuersatz kann gem. § 34 Abs. 3 S. 4 EStG lediglich einmal im Leben in Anspruch genommen werden. Den Umstand, dass die Steuerermäßigung ohne gestellten Antrag gewährt worden war, hatte der verantwortliche Steuerberater zwar erkannt, jedoch weder Einspruch gegen den Steuerbescheid eingelegt noch die Kläger über das Risiko des Verbrauchs der Ermäßigung aufgeklärt.

Nachdem unsere Mandanten Jahre später den ermäßigten Steuersatz zur Anwendung bringen wollten, veranlagte das Finanzamt die Kläger zur Einkommenssteuer, ohne den ermäßigten Steuersatz anzuwenden, da die steuerliche Ermäßigung lediglich einmal im Leben in Anspruch genommen werden kann. Der Bundesfinanzhof hat im Rahmen eines von den Klägern gegen das Finanzamt geführten finanzgerichtlichen Verfahrens in seiner Revisionsentscheidung vom 28.09.2021 (VIII R 2/19) die Rechtsauffassung des Finanzamts bestätigt.

Der zivilrechtlichen Klage, gerichtet auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Steuerberatungsgesellschaft, wurde nun stattgegeben. Dem Einwand der Beklagten, dass es im Jahr 2008 noch keine gerichtlichen Entscheidungen hinsichtlich der Rechtsfrage gab, ob ein Verbrauch auch bei einer antragslosen Einräumung der steuerlichen Ermäßigung nach § 34 Abs. 3 S. 1 EStG eintritt, ließ das Oberlandesgericht nicht gelten. Die Beklagte hätte den Klägern, um diese vor Schaden zu bewahren, im Rahmen des sichersten Wegs empfehlen müssen, gegen den Steuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2006 Einspruch einzulegen. Aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung hätte die beklagte Steuerberatungsgesellschaft darüber aufklären müssen, dass die antragslos gewährte Steuerermäßigung für die Zukunft verbraucht sein könne.


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