Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer neueren Entscheidung vom 31.05.2023 in dem Verfahren 5 AZR 273/22 bemerkenswerte und weiterreichende Feststellungen zur Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit einer Dienstwagenüberlassungsvereinbarung getroffen. Die maßgeblichen Feststellungen in dieser Entscheidung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Überlassung eines Dienstwagens zur dienstlichen und privaten Nutzung ist als Teil der Vergütung Sachbezug. Der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung beträgt regelmäßig 1 % des Bruttolistenpreises des Fahrzeuges. Der vom Arbeitgeber mitunter zusätzlich gewährte Zuschlag für Nutzung des Dienstwagens zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist insoweit nicht einzubeziehen.
In diesem Zusammenhang ist die – eher versteckte – Regelung des §§ 107 Abs. 2 S. 5 GewO zu beachten. Nach dieser Vorschrift darf der Wert der Sachbezüge die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Die Bestimmung des pfändbaren Einkommens richtet sich nach den §§ 850 ff, insbesondere § 850c, § 850e ZPO. Aktuell sind 1.409,99 € unpfändbar; dieser Betrag ist bei Vorliegen von Unterhaltspflichten höher.
Sofern beispielsweise ein Arbeitnehmer über ein Nettoeinkommen von 2.300,00 € verfügt und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist, beträgt das pfändbare Einkommen 184,98 €. Sofern diesem Arbeitnehmer ein Dienstwagen mit Bruttolistenpreis von 40.000,00 € auch zur privaten Nutzung überlassen worden ist, beträgt der Sachbezug 400,00 € pro Monat. § 107 Abs. 2 S. 5 GewO ist ein gesetzliches Verbot. Die Dienstwagenüberlassungsvereinbarung wäre in diesem Fall unheilbar nichtig.
Je mehr Unterhaltspflichten und je teurer der Dienstwagen, desto höher das Risiko, dass die Dienstwagenüberlassungsvereinbarung gemäß § 107 Abs. 2 S. 5 GewO unwirksam ist.
Die Unwirksamkeit einer Dienstwagenüberlassungsvereinbarung hat – ganz kurz zusammengefasst – folgende Rechtsfolgen:
• Die Vereinbarung, einen Teil des Entgelts durch Sachleistung zu tilgen, ist nichtig.
• Bereits geleistete Sachbezüge haben keine Erfüllungswirkung.
• Der Arbeitnehmer muss den Dienstwagen zurückgeben.
• Der Arbeitgeber muss den Wert des Sachbezuges nachvergüten.
• Der Arbeitgeber kann möglicherweise Wertersatz fordern.
Die o. a. Rechtsprechung dürfte erhebliche Auswirkungen auf die bisherige Praxis der Dienstwagenüberlassungen haben. Die möglichen gravierenden Rechtsfolgen sollten Anlass sein, die verwendeten Dienstwagenüberlassungsvereinbarungen zu überprüfen.
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