Mit am 04.09.2025 veröffentlichtem Teilurteil vom 18.06.2025 – 2 AZR 96/24 (B) – hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt, dass ein Arbeitnehmer vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht auf die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses für die Zukunft wirksam verzichten kann. Dies gelte auch bei Arbeitsverhältnissen, die sich nach ausländischem Recht richten.
Bei der Regelung des § 109 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) handle es sich jedenfalls insoweit um eine „zwingende Bestimmung“, soweit die Nichtabdingbarkeit des Zeugnisanspruchs vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses betroffen sei.
Das BAG gab damit einer früheren Flugbegleiterin einer USFluggesellschaft recht. Die französische Klägerin, war zuletzt in Frankfurt am Main stationiert. Der Hauptsitz der Fluggesellschaft ist in Chicago. Aufgrund dessen war der Arbeitsvertrag nach dem Recht des Bundesstaats Illinois/USA geschlossen worden.
Gestützt auf das deutsche Recht, § 109 Abs. 1 GewO, forderte die klagende Flugbegleiterin u.a. ein „qualifiziertes Zeugnis“. Dieses muss insgesamt „wohlwollend“ formuliert sein und muss sich u.a. auch auf die Bewertung der Arbeitsleistung erstrecken. Die Arbeitgeberin wollte dies unter Verweis auf den Arbeitsvertrag, der – ebenso wie das in Bezug genommene USRecht – einen solchen Anspruch nicht vorsah, nicht erteilen.
Dies war für das BAG aber gerade nicht entscheidend, da es den „zwingenden“ Charakter der Regelung bejahte. In der neueren Rechtsprechung bestehe Einigkeit darüber, dass auf das Zeugnis jedenfalls nicht vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft wirksam verzichtet werden könne. Dazu hält das BAG fest:
„Das Arbeitszeugnis ist, allen evidenten Mängeln zum Trotz, für den Stellenwechsel des Arbeitnehmers in der Praxis von größter Bedeutung und erleichtert sein Fortkommen im Berufsleben. Angesichts dieser den Arbeitnehmer letztlich schützenden Norm kann nicht eine Dispositivität zu einem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem der Arbeitgeber hinsichtlich des vom Arbeitnehmer gewünschten Abschlusses oder der Beibehaltung des Arbeitsverhältnisses in der Lage ist, Druck auf ihn auszuüben. Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegebene Verzichtserklärungen, Erlassverträge gemäß § 397 BGB oder den Zeugnisanspruch ausschließende Vereinbarungen sind nichtig (§ 134 BGB).“
Fazit:
Regelungen, die den Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis beschränken wollen zu einem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis noch besteht, sind unwirksam. Insbesondere kann sich der Arbeitgeber nicht darauf stützen, der Arbeitnehmer habe im erklärt, er benötige ein solches Zeugnis nicht. Anders kann dies sein nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dann kann der Arbeitgeber gerade keinen Druck mehr auf den Arbeitnehmer ausüben.
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