Erreichbarkeit von Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen in ihrer Freizeit

Erreichbarkeit von Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen in ihrer Freizeit

Im vergangenen Jahr hat sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage beschäftigt, ob ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit für die Arbeitgeberin erreichbar sein muss. Wir hatten auf Seiten der Arbeitgeberin den Rechtsstreit in allen drei Instanzen begleitet, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Ein bei der Arbeitgeberin beschäftigter Notfallsanitäter war an zwei Tagen zu Springerdiensten eingeteilt. Diese Einteilung erfolgte bereits mehrere Monate zuvor im Rahmen eines Dienstplans. Der Notfallsanitäter wusste, dass er für den Dienst eingeteilt war – lediglich die Frage des konkreten Dienstbeginns (Korridor von 06:00 bis 09:00 Uhr morgens) und die konkrete Rettungswache in dem Einsatzgebiet waren noch offen. Diese Angaben erhielt der Notfallsanitäter am Tag vor seinem Einsatztag gegen Mittag per SMS und durch entsprechende Eintragung in das Dienstplanprogram. Der Notfallsanitäter nahm diese Angaben nicht zur Kenntnis und erschien nicht zum Dienst mit der Begründung, er wisse nicht, wann und wo er arbeiten solle.

In der ersten Instanz (Arbeitsgericht Elmshorn – Kammer Meldorf) verlor der Kläger, in der zweiten Instanz (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein) wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben. In der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht wurde das Urteil des LAG SH aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die zentrale Frage in dem Rechtsstreit war: Ist während der Freizeit eines Arbeitnehmers das Lesen einer SMS oder der Blick in den Dienstplan, mit welchem die Arbeitgeberin ihr Direktionsrecht im Hinblick auf Zeit und Ort der Arbeitsausübung konkretisiert, Arbeitszeit?

Das LAG hat diese Frage bejaht. Es hat festgestellt, dass dem Arbeitnehmer in der Freizeit ein „Recht auf Unerreichbarkeit“ zustehe. Wenn er verpflichtet wäre, sich Kenntnis über seine Dienste zu verschaffen, würde die Arbeitgeberin in seine Freizeit und damit in sein Persönlichkeitsrecht eingreifen. Der Arbeitnehmer werde „fremdbestimmt“.
Dies sieht das Bundesarbeitsgericht anders: Die Entgegennahme einer Weisung an den Arbeitnehmer durch die Arbeitgeberin in der Freizeit ist keine „Arbeit“. Unter Zugrundelegung der Richtlinie 2003/88/EG ist eine Zeitspanne entweder Arbeitszeit oder Ruhezeit. In der Arbeitszeit unterliegt der Arbeitnehmer Einschränkungen dergestalt, dass seine Möglichkeit, die Zeit frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv ganz erheblich beeinträchtigt ist. Vorliegend lag zwar eine Beeinträchtigung vor, da der Kläger auf sein Handy schauen musste – die Beeinträchtigung war jedoch nicht „ganz erheblich“. Das Bundesarbeitsgericht hat deutlich gemacht, dass Arbeitnehmer die Nebenpflicht haben, zum Schutz und der Förderung des Vertragszwecks auf die Interessen des anderen Vertragspartners Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB). Dazu gehört auch, eine Weisung in der Freizeit entgegenzunehmen.
Welche Auswirkungen hat die Entscheidung nun konkret?

Es bleibt bei dem Grundsatz, dass ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit für die Arbeitgeberin nicht erreichbar sein muss. Wenn er allerdings eine Weisung erhält, die zur Durchführung des Vertragszwecks erforderlich ist (hier: Einteilung zum Springerdienst), so muss er in der Freizeit diese Weisung entgegennehmen. Die Arbeitgeberin muss darauf achten, dass der Arbeitnehmer nicht über das erforderliche Maß hinaus Einschränkungen erleidet. So dürfte es beispielsweise unzulässig sein, den Arbeitnehmer zu verpflichten, in seiner Freizeit einen Anruf seiner Arbeitgeberin entgegenzunehmen. Der Arbeitnehmer muss frei bestimmen können, ob er einen Anruf entgegennimmt oder ob er seine Dienste im Dienstplanprogramm „abruft“. Es besteht keine Pflicht zur Kommunikation mit der Arbeitgeberin in der Freizeit.

Entgegen einigen Kommentierungen hat das Bundesarbeitsgericht durch die Entscheidung jedoch das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers auf Unerreichbarkeit in der Freizeit nicht angetastet.

#Arbeitnehmer #Freizeit #Erreichbarkeit #Arbeitgeber

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